„Das Gefühl, nicht gesehen zu werden"

- Vivian berichtet von ihren Erfahrungen in der Zwangsprostitution

 „Und das alles für 30 Euro. Du fühlst dich nicht als Mensch“, so Vivian, die mit 19 jungen Jahren von Rumänien nach Deutschland gelockt wurde. Ihr gefiel die Vorstellung vom leicht verdienten Geld. Dass ihr zukünftiger Job alles andere als „leicht“ sein würde, hätte sie selbst in ihren dunkelsten Träumen nicht erahnen können.

Zwangsprostitution. Fünf verzweifelte Jahre lang - jeden Tag zehn Freier. Und das große Geld? Steckte sich ihr Zuhälter im Stuttgarter Leonhardsviertel ein. Von dem übrigen „schmutzigen Geld“, wie sie es bezeichnet, musste sie täglich ein 150 Euro teures Hotelzimmer zahlen. „Ich habe mich umsonst kaputt gemacht“, so die heute 30-jährige.

In einem Interview mit Franziska Kaufmann (Stern-Redakteurin) beschreibt die Rumänin, wie menschenunwürdig sie oft von den Freiern behandelt wurde. Wie sie ohne Rücksicht das volle Programm von ihr verlangten und aggressiv wurden, sobald sie auch nur versuchte, sich zu weigern. „Die denken, dass sie was gekauft haben. Als ob man in den Laden geht, ein Kilo Kartoffeln kauft und Salat draus macht.“, sagt sie.

Einzig und allein durch eigene Willenskraft und den Glauben an ihre Würde schaffte sie den Ausstieg. Damals - mit 24 - fand sie Hoffnung und Rückgrat in der Beratungsstelle im Stuttgarter Rotlichtviertel und so gelang es ihr, auszubrechen und ihrem Zuhälter mit der Polizei zu drohen. Sie ist selbstbewusster geworden. Doch die fünf trostlosen Jahre des Alptraums werden immer ein Teil von ihr bleiben, den sie nie vergessen wird.

 

Quelle: 
Kraufmann (2016): Leben als Zwangsprostituierte. Du fühlst dich nicht als Mensch. Letzter Zugriff am 22.09.2019 unter
https://www.stern.de/familie/leben/zwangsprostitution--eine-aussteigerin-erzaehlt-von-der-taeglichen-gewalt-und-ausbeutung-6862642.html.