Selbstexperiment- Faire Sportswear Teil 1

Wie steige ich jetzt am besten in das Thema Fair Fashion ein, ohne dass alle, die diesen Blog lesen, sich nach dem ersten Satz denken: „ Oh je, nicht der fünfte Text über böse Firmenchefs, die Kinder in Dritte Welt Ländern ausbeuten.“ Tatsächlich finden die Themen „Fair Trade“ und „Kinderarbeit“ medial in letzter Zeit immer mehr Aufmerksamkeit. Die Meisten kennen das Unglück, welches sich 2013 in Bangladesch ereignete, bei dem eine achtstöckige Textilfabrik einstürzte und mehr als tausend Näher/innen unter ihren Trümmern begrub. Der Einsturz der Rana Plaza hinterließ nicht nur tausende Tote, sondern stellte zudem auch ganze Familien plötzlich vor den wirtschaftlichen Ruin.
Als Reaktion auf dieses furchtbare Ereignis wurden von der Textilbranche und ihren führenden Marken mehr Transparenz, mehr Sicherheit und die Einhaltung fundamentaler Menschenrechte, wie beispielsweise das Recht auf Versammlungsfreiheit, eine angemessene Bezahlung und der Schutz ihrer Menschenwürde, in den Produktionsstätten gefordert.
Zudem gründen sich seit geraumer Zeit immer mehr soziale Start Ups, welche in der Textilbranche tätig sind und Bekleidung von der fairen Jeans bis zu fairer Unterwäsche gegen adäquate Löhne und die Wahrung besagter Menschenrechte produzieren lassen und verkaufen. Oftmals agieren sie dabei sehr transparent, indem sie ihren Kunden/innen bewusst Einblick in die gesamte Wertschöpfungskette bieten und eng mit ihren Produzenten/innen zusammenarbeiten. Auch wird versucht die Näher/innen aktiv finanziell zu unterstützen und die Aufmerksamkeit der Konsument/innen auf diejenigen zu lenken, welche das Fundament der Bekleidungsbranche bilden. Bekannt ist hier zum Beispiel die „Who made my clothes campaign“ von Fashion Revolution. Bei dieser Kampagne fotografieren sich Verbraucher/innen in ihrem Outfit und halten dabei ein Plakat mit der Aufschrift „Who made my clothes“ hoch. Die Bilder werden dann auf Social Media hochgeladen und die dazugehörigen Marken verlinkt. All dies dient dazu ein Bewusstsein zu schaffen und große Marken medial in die Verantwortung zu nehmen.
So lobenswert die steigende Tendenz hin zu Fair Fashion Marken und Social Start Ups auch ist und so erfreulich die allgemein wachsende Unterstützung der fairen Modebranche durch diverse Blogartikel, Zeitschriften und Magazine auch sein mag, darf es trotzdem nicht dabei belassen werden. Immer noch gibt es weltweit geschätzt 152 Millionen Kinder, die zum Arbeiten gezwungen sind, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Davon arbeiten mehr als 60 Millionen in der Textilindustrie, häufig unter ausbeuterischen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen.
Diese Zahlen allein sind meiner Meinung nach schon Grund genug um sich auch noch den ein oder anderen Artikel mehr zum Thema „Fair Fashion“ durchzulesen.
Ich persönlich hatte vor meinem Selbstexperiment, in dem ich entschied von nun an nur noch fair produzierte Kleidung oder Second Hand Mode zu kaufen, auch bereits den Eindruck, ich hätte schon tausend Artikel und Beiträge zu diesem wichtigen Thema gelesen. Beginnt man jedoch mit der eigenen Recherche, sieht man sich Studien und Diagrammen gegenüber, welche eindrucksvoll die prekären Arbeitsbedingungen großer Unternehmen zeigen. Lauscht man den Stimmen derjenigen, welche in diesem ungemein vielschichtigen System der Modeindustrie ausgenutzt und gedemütigt werden, derjenigen, welche unseren nächsten Shopping Trip, bei dem wir günstig die neue Jeans einer beliebten Marke erstehen, teuer mit menschenunwürdigen Lebensstandards und Niedriglöhnen im wahrsten Sinne des Wortes bezahlen, dann wird einem das ganze Ausmaß dieser Ungerechtigkeit erst wirklich bewusst.
Obgleich ich selbst von mir behauptet hätte, dass ich schon über einiges an Wissen auf diesem Gebiet verfüge, überraschten mich die Ergebnisse meiner Suche.
Doch nun erst einmal zurück zu besagtem Selbstexperiment.
Wie bereits beschrieben, hatte ich den Entschluss gefasst endgültig der Fast Fashion Industrie und ihrer großteils menschenverachtenden Arbeitsweise abzuschwören. Was bei alltäglicher Streetwear wie Jeans, T-Shirts und Pullover wunderbar gelang, da es mittlerweile viele sozial engagierte, junge Labels gibt, welche sich der Fair Fashion verschrieben haben, wurde es beim Thema fair gehandelte und produzierte Sportswear schon schwieriger.
 Da ich selbst eine begeisterte Sportlerin bin und mehrere Jahre Leistungssport betrieben habe, musste ich natürlich in regelmäßigen Abständen einige Stücke meiner Sportausrüstung ersetzen. Oberflächliche Recherche nach fair produzierten Sporttextilien wie beispielsweise Trainingsshirts, Funktionstops und Shorts ließ mich resignieren.
„Wie sieht das denn aus“- war mein erster Gedanke, als mein Freund mir einige Funktionsshirts irgendeiner Marke, welche fair und nachhaltig produzierte, zeigte. Beeinflusst durch den aktuellen Trend und dem Modebewusstsein meiner Generation, trug ich seit Jahren die Sportkleidung großer Marken wie Nike, Under Armour oder Adidas. So prägten diese Marken auch mein Empfinden für Ästhetik und Optik meiner kleinen Sportkollektion. Diese farblosen und formlosen Shirts, welche ich nun auf dem Display des Laptops sah, entsprachen so gar nicht meinen Vorstellungen cooler Sportklamotten.
Ein weiterer Eindruck, welcher bei mir nach einmaliger Internetsuche zum Betreff „Faire Sportklamotten“ entstand, war, dass es, wenn überhaupt nur Yogamarken gibt, die auf faire und nachhaltige Produktion setzen. „Klar“, war mein erster Gedanke, „das passt ja auch ganz gut zum Image, Achtsamkeit, Selbstliebe und Freiheit. Da passt so ein Zertifikat oder Siegel zu fair gehandelten Textilien doch super rein.“ Damit möchte ich in keinster Weise Yoga an sich oder Hersteller von Yogabekleidung und Zubehör denunzieren oder angreifen. Ich war lediglich der Ansicht, dass es doch so viel mehr Sportarten als Yoga gibt, der Markt fairer Sportbekleidung dies jedoch nicht annähernd proportional präsentierte.
Meiner anfänglichen Vorurteile zum Trotz, stieg ich immer mehr in die Recherche nach fairer Sportswear ein und bemerkte bald, dass sich meine Befürchtungen größtenteils als falsch herausstellten.
Es gibt mehr Marken als solche für Yoga, die sich um soziale Gerechtigkeit und faire Arbeitsstandards bemühen. Und es gibt eine vielseitige Auswahl an Modellen, Farben und Designs, unter der man, wenn man ein wenig Suchen und Recherchieren nicht scheut, bestimmt zu jedem Geschmack etwas Passendes findet. 

Teil 2 folgt am 18.01.2021


Quellen Text:

Bundezentrale für politische Bildung (2018): Vor fünf Jahren: Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch eingestürzt. Zugriff am 13.10.2020 unter https://m.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/268127/textilindustrie-bangladesch.

Charbonneau, N. (2020): Kinderarbeit weltweit. Zugriff am 13.10.2020 unter https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderarbeit-fragen-und-antworten/166982.

 

Quelle Fotos:

privat

 

Geschrieben von Johanna